Ihr Spezialist:

Prof. Marius Keel

Periprothetische Azetabulumfraktur

Aufgrund der Überalterung und der zunehmenden Aktivität alter Menschen werden Azetabulumfrakturen bei liegenden Hüftprothesen (periprothetische Azetabulumfrakturen) vermehrt beobachtet. Diese treten vor allem auf nach seitlichem Sturz auf den Trochanter major. Sie können aber auch intraoperativ oder postoperativ auftreten nach zu tiefem Auffräsen und Einschlagen der Hüftprothesenpfanne. Als Risikofaktoren gelten neben der Osteoporose ein vorbestehender Knochenverlust um die Prothesenpfanne (Entzündungsreaktionen durch Prothesenabriebgewebe). Morphologisch können die Frakturmuster wie bei Azetabulumfrakturen des natürlichen Hüftgelenks nach Judet und Letournel eingeteilt werden. Bei einer Separation des Darmbeins vom Sitzbein und vom Schambein, also einer Fraktur durch beide Azetabulumpfeiler und wenn die Fraktur innerhalb der letzten 3 Monate aufgetreten ist, wird von einer akuten Beckendiskontinuität gesprochen.

 

Klinik, Diagnostik

Neben einer schmerzhaften Einschränkung der Hüftbeweglichkeit werden schmerzhafte oder unmögliche Belastbarkeit des Beines oder Fernschmerzen im Oberschenkel beobachtet. Bei einer zentralen Luxation der Prothesenpfanne in das kleine Becken können auch relevante Blutungen mit Kreislaufinstabilität auftreten. Neben Röntgenbildern wird immer eine Computertomografie (CT) durchgeführt. Zur Planung der Therapie müssen zusätzlich Zeichen von Knochenverlust, Abrieb der Prothese (z.B. exzentrische Lage des Prothesenkopfes) oder eine Lockerung der Pfanne mit Fehllage (z.B. zentrale Luxation) oder Fehlstellung beurteilt werden. Falls in der CT-Untersuchung die mögliche Lockerung der Pfanne nicht beurteilt werden kann, wird zusätzlich eine sogenannte SPECT (single photon emission tomography/computed tomography)-Untersuchung durchgeführt. Dabei wird eine Computertomografie mit einer Knochenszintigrafie kombiniert und die Aktivität des Knochens beurteilt. Für die Therapieentscheidung sind zudem das Alter der Prothese, vorbestehende Hüftbeschwerden oder auch der Typ der Prothese (Hemi- (ohne Prothesenpfanne) oder Totalprothese) wichtig.

 

Behandlung

Konservativ

Unverschobene oder wenig-dislozierte Frakturen werden mit Teilbelastung von 15kg über 8 Wochen behandelt, sowohl bei Hemi- wie auch bei Hüfttotalprothesen.

Operation

Bei dislozieren Frakturen ist die Indikation gegeben zur Operation (PDF1 ). Bei wenig verschobenen Frakturen, sei es eine Hemiprothese oder eine Totalprothese mit noch stabiler Integration zum Vorder- oder Hinterpfeiler, wird die Fraktur analog zu Azetabulumfrakturen offen über einen vorderen oder hinteren Zugang je nach Dislokation reponiert und intern fixiert. Bei einer Hemiprothese mit vorbestehenden Schmerzen oder deutlich dislozierter Fraktur mit Knorpelschaden muss neben einer Osteosynthese eine Hüftprothesenpfanne zusätzlich eingesetzt werden. Bei einer Fraktur und zusätzlich lockerer Pfanne muss neben einer Osteosynthese über einen vorderen und/oder hinteren Zugang ein Pfannenwechsel durchgeführt werden. Je nach zusätzlichem Knochendefekt muss dieser mit humanem Knochenersatz oder sog. Augments (Metallstücken) ersetzt werden. Als Pfanne geeignet ist eine sog. Rekonstruktionspfanne oder eine hochporöse Pfanne, die sich im Knochen gut integriert. Die sicherste Variante vor allem bei schlechtem Knochen ist die Kombination einer hochporösen Pfanne mit einem Rekonstruktionsring in der sog. „Cup-Cage“-Technik. Zur Verhinderung von Prothesenluxationen wird zudem eine Doppelkopfprothese („Double Mobility“) in das Konstrukt zementiert. Als Nachbehandlung folgt in Abhängigkeit der Stabilität der Rekonstruktion und des Knochenaufbaus eine 15kg Teilbelastung für 6-8 Wochen oder Vollbelastung.


 
 

Abb. 1. Periprothetische Querfraktur mit noch integrierter Pfanne am vorderen Azetabulumpfeiler (a). Geheilte Fraktur und stabile Pfanne 1Jahr nach Plattenosteosynthese über den Pararectus-Zugang (b).

Abb. 1a
Abb. 1b

 
 

Abb. 2. Periprothetische T-förmige Azetabulumfraktur mit lockerer, abgekippter und ins Becken verschobene Prothesenpfanne (a). Geheilte Fraktur und integrierte Revisionsprothesenpfanne 1 Jahr nach Plattenosteosynthesen über einen Pararectus-Zugang und dorsalen Zugang und Implantation einer hochporösen, verschraubten Pfanne aus dem Edelmetal Tantalum (b).

Abb. 2a
Abb. 2b

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