Biliopankreatische Diversion

In den 50er Jahren wurde als malabsorptive Operation, d.h. Eingriff, der eine künstliche Mangelernährung bewirkt, der Dünndarm-Bypass (Jejuno-ilealer-Bypass) eingeführt und später wegen der Schwere der Nebenwirkungen wieder verboten. In der Folge wurde intensiv nach einem ähnlich erfolgreichen aber mit weniger Nebenwirkungen versehenen Eingriff geforscht. In den 70er Jahren wurde durch Prof. N. Scopinaro von Genua die bilio-pankreatische Diversion am Tiermodell erprobt und anschliessend an einer grossen Anzahl Patienten mit Erfolg durchgeführt. Prof. P. Marceau von Quebec, Kanada, hat den Eingriff insofern abgeändert, dass er den Magen nicht quer, sondern längs durchtrennte (Schlauchmagen) und seit den späten 80er Jahren ebenfalls eine gut dokumentierte Anzahl Patienten so behandelte. In den letzten Jahren kommt dieser Eingriff entweder als Variante nach Scopinaro oder aber auch in der Abänderung von Marceau zur Anwendung.
 
Prinzip
Bei der bilio-pankreatischen Diversion kommen alle drei der oben beschriebenen Mechanismen zum Tragen. Die Verkleinerung des Magenvolumens (restriktiver Anteil des Eingriffes) bewirkt eine anfänglich deutliche Einschränkung der Essmenge. Ein Teil des Magens wird längs abgetrennt (Schlauchmagen). Dadurch kommt es früh nach der Operation zur Gewichtsabnahme. Ohne diese Einschränkung der Essmenge wäre der Durchfall durch den künstlich hergestellten Kurzdarm zu belastend für den Patienten. Im Verlaufe der Zeit wird es für den Patienten aber möglich sein, wieder grössere Essmengen zu sich zu nehmen, sofern der Schlauchmagen nicht allzu eng angelegt wurde, in der Regel ohne, dass es zu einem Wiederanstieg des Gewichtes kommt. Dies wird ermöglicht durch den verkürzten Dünndarm auf eine Länge von 2.5 m. Dabei wird kein Darm entfernt, sondern durch Kurzschluss die für die Verdauung zur Verfügung stehende Länge erreicht (Abb. 3).

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Alle Nahrungsbestandteile, insbesondere fetthaltige, werden nur teilweise im verkürzten Darm ins Blut aufgenommen und gelangen somit unverdaut oder nur teilweise verdaut in den Dickdarm. Dies führt zu Durchfall und auch wegen Abbau des Fettes durch die Darmbakterien zu übelriechenden Winden und Stuhl. Die Magenverkleinerung führt also zur Gewichtsabnahme kurz nach der Operation, der Kurzdarm zum Beibehalten des tiefen Gewichtes. Die günstigen hormonellen Wirkungen sind sogar stärker ausgeprägt als beim Bypass oder beim alleinigen Schlauchmagen.
 
Gewichtsverlust
Fünf Jahre nach der bilio-pankreatischen Diversion kann mit einem Gewichtsverlust von 75 – 80% des Übergewichtes gerechnet werden (am Beispielpatienten mit 110 kg Körpergewicht bei 160 cm Körperlänge, hat ein Normalgewicht von 60 kg, Übergewicht 50 kg, beträgt die Gewichtsabnahme durchschnittlich 37 bis 40 kg). Dieses Gewichtsresultat kann in unserer Erfahrung auch bis 20 Jahre durchschnittlich beibehalten werden. Es stellt somit sicherlich die erfolgreichste Operationsmethode dar, was die Gewichtsabnahme betrifft.
 
Vorteile
Patienten mit bilio-pankreatischer Diversion haben, was das Essen betrifft, wahrscheinlich die beste Lebensqualität. Ebenso ist die Gewichtsabnahme maximal.
 
Nachteile/Risiken
Nachteilig bei diesem Eingriff ist sicher erst einmal die Grösse der Operation selbst mit den damit verbundenen Operationsrisiken. An mehreren Stellen wird der Magendarmtrakt eröffnet und Darmschlingen miteinander vernäht, was das Risiko einer undichten Stelle mit sich bringt. Zusätzlich gelten allgemeine Komplikationen wie Wundinfekt, Thrombose und Lungenembolie oder Blutergüsse zu den Hauptrisiken, welche aber alle sehr selten sind. Die Sterblichkeitsrate liegt je nach zitierter Quelle unter 1%. Langfristig kann es zu Mangelerscheinungen, insbesondere fettlöslicher Vitamine kommen, welche langjährig eingenommen werden müssen.

Auch können Spurenelemente zu wenig aufgenommen werden, vor allem wichtig ist der Kalzium-Stoffwechsel zur Verhütung von Knochenschwund (Osteoporose) und Nierensteinen. Die Patienten müssen darauf achten, genügend Eiweiss zu sich zu nehmen, entsprechende Mangelerscheinungen sind selten, können aber, wenn sie zu spät erkannt werden, auch dramatische Folgen haben. Wird die Operation offen, d.h. durch einen Bauchschnitt durchgeführt, besteht das Risiko der Narbenbruchbildung (über 20%). Es kann zu späteren Folgeoperationen wegen überschüssiger Haut kommen, die aber nur unter ganz speziellen Bedingungen von der Krankenkasse übernommen werden. Vor allem im ersten Jahr nach der Operation kann der Durchfall mehrmals täglich, aber z. T. auch nachts erfolgen. Zusätzlich werden Durchfälle durch eine fettreiche Kost verstärkt, weshalb wir nach der Operation eine deutlich fettreduzierte Ernährung empfehlen. Übelriechende Winde sind häufig vorhanden und benötigen gelegentlich eine Therapie mit Antibiotika.

 
Ablauf der Hospitalisation
Am Standort Clarapital wird die bilio-pankreatische Diversion Typ «Duodenal-Switch» nach Marceau durchgeführt. Zusätzlich erfolgt die Gallenblasenentfernung unabhängig davon, ob bereits Gallensteine vorliegen oder nicht. Damit kann mit grosser Wahrscheinlichkeit Komplikationen von Gallensteinen, wie sie nach mal- oder hypoabsorptiven Operationen sonst häufig auftreten, vorgebeugt werden. Dieser komplizierte Eingriff wurde früher, wie fast überall auf der Welt, ausschliesslich durch einen offenen Bauchschnitt durchgeführt. Wir sind in der Lage, diesen Eingriff auch laparoskopisch durchzuführen In der Regel beginnt der Kostaufbau nach dieser Operation am 1. Tag nach der Operation. Die Kost wird über flüssige, dann breiige bis hin zu weicher, fein geschnittener Kost gesteigert. Um Beschwerden wie Durchfall und übelriechende Winde zu verhindern, werden alle Speisen fettarm zubereitet. Somit muss man sich auf eine 5- bis 7-tägigen Spitalaufenthaltsdauer einstellen.

Meist wird diese Operation in zwei separaten Schritten (vgl. Punkt 2) durchgeführt. In einem ersten Schritt wird der Schlauchmagen auf laparoskopischem Weg gebildet. Bei zu geringer Gewichtsabnahme wird dann der zweite Teil der bilio-pankreatischen Diversion durchgeführt. Dabei wird der 2.5 m lange Dünndarm an den quer durchtrennten Zwölffingerdarm hochgeführt.

 
Nachbehandlung
Das Risiko für Vitaminmangel und Eiweissmangel ist bei dieser Operation besonders gross, weshalb die Vitamine in höherer Dosierung und zuverlässig eingenommen werden müssen, manchmal müssen bestimmte Vitamine sogar regelmässig gespritzt werden. Bei allzu lästiger Flatulenz (übel riechende Winde) und Durchfällen können medikamentöse Therapien notwendig werden. Im allerschlimmsten Fall kann der Eingriff teilweise auch wieder rückgängig gemacht werden.